Curacao

 

Unsere Überfahrt nach Curacao (etwa 40 Seemeilen) fühlte sich etwas schaukelig an, was wahrscheinlich unseren 4 Wochen im ruhigen Hafen in Bonaire geschuldet war. Wir kamen aber mit einer ausgebaumten Genua und Wind von schräg hinten recht zügig voran, vorbei an Klein Bonaire und Klein Curacao.

 

 

Wir segelten die Westküste Curacaos hinauf, vorbei an einer großen Ankerlagune (Spanish Water), wo viele Segler die Hurricane-saison am Anker verbringen. Wir hatten aber, weil wir Jobber eine Weile an Land stellen lassen wollen, einen Platz an einem Steg der CURACAO MARINE ZONE (CMZ) reserviert. Hier würde es nicht ganz so idyllisch sein, weil eine Werft in unmittelbarer Nähe ist, aber darauf hatten wir uns gedanklich eingestellt. Von anderen Seglern, die schon mal eine Saison in Curacao verbracht hatten, wussten wir: „Es wird sehr heiß, dreckig und in unmittelbarer Nähe ist nichts, so dass man ohne Auto komplett aufgeschmissen ist.“ Na prima … so schlimm wird’s schon nicht werden.

 

 

 

Wir erreichten schließlich Willemstad mit seinen charakteristischen bunten Fassaden, die Einfahrt über Sint Annabaai mit sehr kabbeligen Wellen und funkten die Königin-Emma-Brücke an. Diese Brücke von 1888 ist etwas sehr Einmaliges in der Welt. Sie besteht aus schwimmenden Pontons, verbindet die Stadtteile Punda und Otrabanda und wird auch Pontjesbrug genannt. Anfangs musste Maut gezahlt werden, nur Menschen ohne Schuhe durften die Brücke kostenfrei passieren. Wenn ein Schiff in Willemstad oder in den Industriehafen einlaufen möchte, muss die Brücke, je nach Größe des Schiffes, nur ein bisschen oder komplett geöffnet, also zur Seite geschwenkt werden.

 

 

Für uns wurde Emma nur ein bisschen geöffnet und wir fuhren an freundlich winkenden Touristen vorbei. Wir waren in Bonaire so früh morgens losgesegelt, weil man uns in der CMZ nahegelegt hatte, unbedingt vor 16.00 Uhr anzukommen, so dass man uns beim Anlegen behilflich sein kann („Das ist ja nett!“) nach guter deutscher Manier und „Man weiß ja nie“ waren wir natürlich schon 1,5 Stunden früher da und meldeten uns per WhatsApp bei der Werft an. Fazit: Es war natürlich keiner da und wir legten allein an, also doch karibisch hier. Es gab nur einen Steg mit vielleicht 20 Liegeplätzen und wir waren froh, einen reserviert zu haben.

 

 

 

Das Umfeld war, wie erwartet und beschrieben, wir meldeten uns erstmal im Office an und hatten für den nächsten Morgen ein Auto reserviert, um an mehreren Stellen in der Stadt (also weit weg) einzuklarieren. Willemstad ist eine Mischung aus Holland und Karibik, unheimlich bunt, quirlig und sehr touristisch, man spricht Holländisch, Englisch oder Papiamento (eine Mischung aus Spanisch, Portugiesisch, Holländisch, Englisch, Französisch und verschiedenen afrikanischen Sprachen … im Klartext: keine Chance!) Unser Papiamento geht über „Masha Danki … Bon Dia … Bon Bini“ leider nicht hinaus.

 

 

 

Es ist immer schön, an einem unbekannten Ort auf bekannte Leute zu treffen und wir hatten schon vor unserer Ankunft auf Curacao erfahren, dass Holger, den wir schon auf Madeira und in Mindelo getroffen hatten, auch hier sein würde. Sein Boot stand an Land und er machte seine Hallberg Rassy seit 5 Wochen fit für die Pazifiküberquerung. Wir feierten unser Wiedersehen in einem schicken Lokal am Meer und hatten uns sehr viel zu erzählen, hatten wir doch inzwischen den Atlantik überquert (Holger ganz allein) und die meisten der kleinen Antillen besucht.

 

 

Da Holger schon 5 Wochen vor Ort war, hatte er eine Menge guter Tipps für uns … Supermärkte, gute Wäschereien, Lokale, Schipchandler usw.

 

 

 

Wir nutzten das kleine blaue Auto, dass wir für die ersten 4 Tage gemietet hatten, um uns auf der Insel ein bisschen umzusehen. Wir fuhren zum Kokomo Beach, wo wir einen halben Tag rumhingen und die in der Bar rumspazierenden Leguane beobachteten, testeten verschiedenen Supermärkte und tranken ein paar Cocktails am Mambo Beach. Klick hier für ein Video

 

 

Für Thomas stand mal wieder der Barbershop auf dem Programm. Wir suchten den nächstbesten, der geöffnet hatte und fragten, ob sie Zeit für einen Haarschnitt hätten. „Yes, no problem, maaaan.“ Wir warteten bestimmt eine Stunde lang, in der schon seeeehr kurze, schwarze, lockige Haare unglaublich akribisch noch ein bisschen kürzer geschnitten, geschoren, rasiert, poliert und lackiert wurden. Wir schauten völlig fasziniert zu, wie mit Spezialgel und genoppten Schwämmen millimeterkurze Haare bearbeitet wurden und mit Schablonen und schwarzem Sprühlack exakte Konturen gezaubert wurden. Thomas machte sich so langsam Sorgen, ob er wohl auch mit raspelkurzen, schwarzen Haaren den Salon verlassen würde „Meinst Du, die können auch blond?“ Konnten sie tip-top und für 10 $, so ein Friseurbesuch ist immer wieder ein Erlebnis.

 

 

 

Nach erlebnisreichen Tagen mit dem kleinen, blauen Mietauto wartete nun unsere To-Do-Liste auf uns. Der Wassermacher musste stillgelegt werden, der Generator gepflegt, gewartet und gespült werden, die Segel mussten abgeschlagen werden, alles Mögliche gecheckt und vorbereitet werden für die Zeit, in der Jobber für 2 Monate an Land stehen würde. Wir ließen ein Angebot von der Werft machen für den Anstrich des Unterwasserschiffes und das Polieren des Rumpfes. Fragen waren zu klären wie: Welches Antifouling wollen wir … verträgt es sich mit dem vorhandenen Anstrich … müssen Seeventile erneuert werden … was passiert mit dem blauen Streifen am Rumpf, der abblättert … brauchen wir einen neuen Warmwasserboiler und … und … und …

 

 

Die wenigen Boote um uns herum waren entweder verlassen oder waren von werkelnden Yachties bewohnt. Eine Woche nach uns kamen Freunde an, mit denen wir schon einen Monat in Bonaire verbracht hatten. Wir halfen uns gegenseitig beim Segel falten, luden uns gegenseitig zum Essen oder auf ein Bier ein, teilten gemietete Autos und tauschten Erfahrungen aus. Allen gemeinsam war die Anstrengung unter der in Curacao herrschenden Hitze (draußen 32 Grad mit hoher Luftfeuchtigkeit und im Boot 35 Grad). Da wird jede noch so kleine Aktivität zur Anstrengung und jeder Weg ist zu weit. Man trieft den ganzen Tag, hat immer nasse Klamotten an und schleppt sich von Ventilator zu Ventilator, die überall im Schiff verteilt sind.  Wir hatten den wahnwitzigen Plan, das Unterwasserschiff selbst zu streichen, sehr schnell aufgegeben und beschlossen, die Arbeiten zu beauftragen, wenn wir im September und Oktober in Deutschland sind … wie auch immer die Arbeiter in der Werft mit langen Hosen und T-Shirts, Haube und Staubmaske in praller Sonne das hinkriegen, ist uns unbegreiflich.

 

 

 

Um der Hitze zu entgehen und die Zeit in Curacao etwas abzukürzen und zu unterbrechen, beschlossen wir, ein paar Tage in Kolumbien zu verbringen. Wir buchten Flüge von Curacao nach Medellin und ein Apartment für 10 Tage in der Innenstadt.

 

 

Jutta feierte ihren zweiten Geburtstag fern der Heimat und erhielt sehr viele, liebe Geburtstagswünsche vom anderen Ende der Welt … so schön, dass man über Starlink in Verbindung bleiben kann. Abends wollten wir in die Stadt zum Essen zur Feier des Tages, was etwa 40 Minuten Fußmarsch bedeutete. Thomas quatschte einen Einheimischen in der Werft an, der zufällig gerade ins Auto stieg, fragte, ob er in die Stadt führe und uns mitnehmen könne. Er wollte eigentlich nicht in die Stadt, fuhr einen Umweg und setzte uns mit einer Restaurantempfehlung in der Stadt ab … sehr nettes Geburtstagsgeschenk.

 

 

 

Ein weiterer Punkt war unsere Planung für die nächste Saison. Wir waren uns schnell einig, dass wir den Plan, durch den Panamakanal in den Pazifik zu segeln, nicht weiterverfolgen wollen. Das hätte bedeutet, noch mindestens 2 Jahre in dieser Klimazone mit noch größerer Hitze und noch weniger Wind verbringen zu müssen und das wollen wir beide nicht. Die Inaktivität, die die Hitze mit sich bringt, tut uns nicht gut und wir werden uns ab Dezember über Puerto Rico, die British Virgin Islands, die Bahamas, die Ostküste der USA und die Azoren wieder zurück nach Europa bewegen. Uns gefällt das Leben auf dem Boot, aber wir wollen uns lieber in kühleren Regionen aufhalten.

 

 

Zum Thema USA hatten wir ein Visum in der amerikanischen Botschaft in Curacao beantragt, weil man ein spezielles Visum braucht, wenn man mit dem eigenen Boot einreisen will, da reicht ein normales Touristenvisum nicht. In Curacao gab es allerdings seit Wochen keine Interview-Termine, so dass wir beschlossen, den Antrag in Frankfurt zu stellen (ein halber Tag Arbeit) und wir bekamen kurzfristig einen Termin im September, wenn wir ohnehin in Deutschland sind … Bingo!

 

 

Neuerdings haben wir auch ein Haustier, einen kleinen Gecko. Jutta hatte ihn abends im Dunkeln im Cockpit entdeckt, aber er war etwas kamerascheu und ziemlich schnell in einer Ritze verschwunden. Ein solches Haustier ist super, denn es kümmert sich um lästige Insekten … win-win … wir hoffen, es gefällt ihm bei uns und er zieht ein.

 

 

Letztens fiel uns die Decke auf den Kopf und wir machten uns schon sehr früh um 6.30 Uhr auf den Weg in die Stadt. Wir tranken einen Kaffee und frühstückten in der Iguana Bar mit Blick auf die Königin-Emma-Brücke, weil wir auf Marine Traffic gesehen hatten, dass ein größeres Frachtschiff durch die Brücke fahren würde. Das war ein spannendes Spektakel und eine schöne Abwechslung zum Bootsalltag Klick hier für ein Video.

 

 

Wir besuchten noch das Sklavenmuseum KURA HULANDA, die die dunkle Seite der Geschichte der Insel ganz gut und anschaulich beleuchtete. Es nimmt einen schon mit, wenn man sieht, was Menschen in der Lage sind, anderen Menschen anzutun. Das hat uns noch eine ganze Weile beschäftigt.

 

 

Zurück ging es, über den Floating Market (venezolanische Boote kommen täglich aus Venezuela , 60 Seemeilen, um Obst und Gemüse zu verkaufen) wieder in Richtung Hafen. 40 Minuten Fußmarsch in der Nachmittagshitze war absolut gnadenlos … das reichte mal wieder für eine Weile.

 

 

 

Wir verbrachten ziemlich viel Zeit mit der Olympiade in Paris, erledigten die Bootsprojekte in kleinen, erträglichen Dosen und freuten uns auf die Zeit in Kolumbien.

 

 

Wir sind jetzt etwa 2 Jahre unterwegs … 737 Tage … haben 22 Länder besucht und 8393 Seemeilen (15 527 km) zurückgelegt. Wir haben viel erlebt und gesehen, viele interessante Menschen getroffen. Wir sind dankbar, unseren Traum umsetzen zu können, sind dankbar, dass es uns gut geht und wir gesund sind … das ist nicht selbstverständlich und wir wissen es zu schätzen. Das Bootsleben ist manchmal anstrengend und herausfordernd, die Zweisamkeit 24/7 ist nicht immer einfach, wir vermissen Familie und Freunde, aber die einmaligen Erlebnisse sind es für uns allemal wert und wir können uns vorstellen, noch eine ganze Weile auf unserem kleinen, schwimmenden Zuhause zu leben und nehmen Euch gerne mit.

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0