Auf nach Norden – Dominica – Les Saintes

 

Kaum waren unsere Freunde in Martinique abgereist, war auch unser Urlaub vorbei und die nächsten Bootsprojekte standen auf der To-do-Liste. Wir hatten den Hafenplatz noch etwa weitere 10 Tage gebucht, um die 2 neuen Solarpaneele a 175 Watt an der Reling zu montieren, ein paar Nähprojekte abzuwickeln, Ölwechsel … Riggcheck und, was sich im Laufe der Arbeiten noch so ergibt, zu erledigen.

 

 

Das Projekt Solarpaneele begann mit der Demontage des oberen Relingdrahtes, Auto mieten, nach Le Marin fahren zum Rigger, um zu erfahren, dass er eine ganze Woche braucht, um ein Stahlseil abzuschneiden und, mit einem Spezialwerkzeug, eine Hülse aufzupressen… dauert höchstens 10 Min. Na gut, dann kommen wir in einer Woche wieder. Da wir schonmal ein Auto hatten, kauften wir im Baumarkt eine kleine, mobile Klimaanlage, weil es im Hafen einfach unerträglich heiß war. Der perfekte Platz war schnell gefunden in der großen Dusche im Achterschiff, die wir sowieso nicht nutzen, da wir im Cockpit duschen. Hier kann das Kondenswasser ablaufen und es gibt ein perfektes kleines Fenster für die Abluft. Ruck-zuck lief unsere kleine Klimaanlage, die nachts mit der offenen Badtür unsere Achterkabine runterkühlt, so dass wir es wenigstens nachts kühler haben. 26 Grad fühlen sich hier schon fast kalt an.

 

 

 

Der nächste Schritt war das Anpassen von Edelstahlrohren anstelle des Relingdrahtes und als Verlängerung des Heckkorbes … hier sollten die neuen Solarpaneele montiert werden. Das größere Problem war die Kabelverlegung von den Paneelen zum Laderegler im Inneren des Schiffes. Es mussten diverse Stauräume ausgeräumt werden (unglaublich wie viel Zeug da zum Vorschein kommt) Löcher gebohrt und Kabel verlegt werden. Das Anbringen von 3 Zusatzpaneelen a 50 Watt auf dem Bimini mit dünnen Seilen an den vorhandenen Paneelen und zwei Druckknöpfen war vergleichsweise harmlos.

 

 

Den Rest der Wartescheife für den Relingdraht verbrachten wir mit ein paar Näharbeiten … Flaggen … Beutel aus Segeltuch für Dinghizubehör … Regenhauben für Decksluken, damit wir auch bei Regen lüften können … diverse Reparaturen.

 

 

 

Endlich war die Woche rum und wir fuhren, wieder mit dem Mietauto, nach Le Marin, um unsere Relingdrähte abzuholen, mit deutscher Pünktlichkeit, um zu erfahren, dass man bisher noch keine Zeit gefunden hatte, die Arbeit zu erledigen und NEIN, heute geht es auch nicht mehr, erklärte uns ein Angestellter, ein bisschen gelangweilt an einer Theke lehnend. Auch die Anmerkung, dass wir extra ein Auto gemietet hatten, beeindruckte ihn wenig. „Please come tomorow“ grhhhh, das Prinzip Manana kannten wir ja schon aus Spanien, aber es ist immer wieder nervig.

 

 

Am nächsten Tag war unser Relingdraht tatsächlich fertig und wir nutzten die Gelegenheit, uns nochmal mit der Crew der EMOTION auf einen Kaffee und einen Schnack zu treffen, die noch in der Nähe ankerte.

 

 

 

Die Reling war schnell wieder einsatzbereit und wir wollten eigentlich freitags los nach Dominica. Wir verschoben die Abreise um weitere 2 Tage, weil die AVALON am Samstag in unserem Hafen eintreffen sollte und wir unsere Schweizer Freunde gerne wiedersehen wollten. Mandy (Hermann) und Carolyn schipperten am Samstag gegen 10 Uhr morgens durch die Hafeneinfahrt an uns vorbei und wir halfen beim Anlegen. Wie schon auf den Kapverden, gab es erstmal ein großes Hallo, eine feste Umarmung und ein kühles Glas Chardonnay zur Wiedersehensfreude. Wir hatten an dem Morgen schon den Riggcheck gemacht (Thomas im Mast), aber noch nicht gefrühstückt. Der Tag fing schon gut an! Später gab es noch einen weiteren Chardonnay auf der Jobber, ein gemeinsames Abendessen in einem Restaurant im Hafen und viele Tipps und Geschichten von uns von den südlichen Inseln und von den beiden Freunden von den nördlichen Inseln, wo sie die letzten Wochen verbracht hatten.

 

 

 

Wir verabschiedeten uns am Sonntag beim Ablegen mit dem Versprechen, wir sehen uns vielleicht im Sommer in der Schweiz.

 

Wir segelten und motorten bei wenig Wind Richtung Norden bis nach St. Pierre. Hier gab es eine Boje, die wir selbst fangen mussten, weil sonntags niemand da war zum Helfen. Beim zweiten Anlauf klappte auch das. Da wir zu faul waren, das Dinghi zu Wasser zu lassen, schwammen wir mit einem wasserdichten Sack an Land und schauten uns St. Pierre an, was ein bisschen enttäuschend war, denn sonntags war hier so gar nichts los … außer zurück an Bord, da hörten wir ein seltsames Geräusch und stellten fest, dass ein fliegender Fisch am Ankerplatz an Deck geflogen war. Wild zappelnd konnte Jutta ihn wieder in sein Element befördern.

 

 

 

Am nächsten Tag stand eine größere Etappe an, etwa 60 Seemeilen in den Norden von Domenica, nach Portmouth, vorbei an Roseau, wo wir schon einmal eine Woche im Februar verbracht hatten. Porthmouth liegt in einer großen Bucht und wir suchten uns einen Platz im Süden der Bucht aus, der bei der angesagten Windrichtung wenig Wind und Schwell versprach. Komischerweise waren wir hier ganz allein am Anker und ziemlich viele Boote hatten sich für den Norden der Bucht entschieden. Wir versuchten einzuklarieren, was an dem Nachmittag aber nicht mehr klappte und als wir mit dem Dinghi zurückkamen, kamen wir immer mehr ins Grübeln und Zweifeln, ob die Idee, hier ganz allein … und die Mangroven in der Nähe … und wenn nachts einer kommt … unter Jobber schimmerte ein versunkenes Dinghi auf dem Meeresgrund …

 

 

Kurz entschlossen, gingen wir wieder Anker auf und verholten uns in den Norden der Bucht mitten ins Ankerfeld zwischen all die anderen, wo wir uns sicherer fühlten. Wir ließen die Blicke schweifen und entdeckten gleich mal ein bekanntes Boot, die Aletis, dessen Skipper unser altes Dinghi auf den Kanaren von uns gekauft hatte, weil seins geklaut worden war. Wir packten 3 Dosen Bier ein und fuhren gleich mal rüber, um Hallo zu sagen. Von Siggi bekamen wir ein paar wertvolle Tipps und einen Kontakt für die Exkursion zum Indian River und das 2x wöchentliche Strandbarbecue, nicht ohne die Warnung „Passt bloß auf den Rumpunsch auf!“ Wem sagt er das.

 

 

 

Am nächsten Morgen holt uns Martin mit seinem Boot ab, den wir per whatsApp kontaktiert hatten. Um 8.30 Uhr fährt er mit uns zum Indian River, ein Naturschutzgebiet mit atemberaubender Flora und Fauna. Martin, der eigentlich einen unaussprechlichen Namen hat und beschloss, Martin ist einfacher, sprach ein sehr gutes Englisch und hatte Botanik in Trinidad studiert. Er erklärte uns Pflanzen und Vögel, ruderte uns über den Fluss, weil Außenborder sind verboten, und die Begeisterung für seine Heimat war ihm deutlich anzumerken. Unter anderem kamen wir an der Hütte von Calypso vorbei (die Hexe aus Fluch der Karibik, der in weiten Teilen auf Domenica gedreht wurde), aber viel toller war die große Krabbe, die er am Ufer fing. Ich dachte, das macht er nicht wirklich, aber doch! Wir schauten uns in Ruhe das großartige Tier von allen Seiten an und lernten eine Menge über Krabben. Plötzlich hüpfte sie ins Boot und wir Schisser, zack auf die Sitze hoch. Wir hatten Martin so ein bisschen in Verdacht, dass das kein Zufall war, er hatte sie schnell wieder eingefangen und ließ sie wieder in den Fluss zurück. Die Exkursion endete mit einigen interessanten Geschichten aus Martins Kindheit, einem aus einem Kokosblatt gebastelten Bananabird in einer Gingerblüte für Jutta und einem guten Trinkgeld.

 

 

 

Nachmittags liefen wir eine Runde durch Portsmouth zur Bank. Der Name klingt wie eine nette, saubere, britische Kleinstadt, ist aber eher das krasse Gegenteil, eine Ansammlung von bunten, zusammengezimmerten Hütten und Häuschen ohne fließendes Wasser (öffentliche Wasserstellen gibt’s auf der Straße), wobei wir uns bei den meisten nicht vorstellen konnten, wie man überhaupt dort leben kann. Überall laufen Hühner mit Küken herum, ein Haschischdunst und Musik wabert durch die Straßen und die Menschen sind superfreundlich und gut drauf.

 

Auf dem Rückweg überredet uns ein total abgerissener Mann, mit ihm in eine winzige Bar zu kommen. Uns war nicht so ganz wohl dabei, aber er war sehr eindringlich und wir schafften es nicht, seine Bitte abzuschlagen. Wir bestellten ein Bier und wurden in den Garten geführt. Erst plauderte der Chef mit uns über seine 2. Und 3. Frau, sowie seine 3 oder event. auch 4 Kinder. Dann gesellte sich der abgerissene Typ zu uns, E-boy (nach dem Alphabet das 5. Kind), der uns ein bisschen aus seinem Leben erzählte und uns ein paar Brocken der kreolischen Sprache beibrachte … alles in allem ein spannender Einblick und unglaublich freundliche Menschen.

 

 

 

Weitere Beispiele sind die Boatboys in der Bucht von Portsmouth. Lennox, der Mülltüten gegen eine Gebühr mit seinem Kayak an Land bringt, traf den Nerv des Skippers: „ Your Boat looks dirty! I could clean it, if you want!“  Wir einigten uns auf 100 EC$, umgerechnet 33 Euro, die Hälfte sofort, die andere Hälfte nach getaner Arbeit. Er paddelte los, um seine „tools“ zu holen (ein Topfschwamm aus Metall) und kam später wieder. Er schrubbte den Wasserpass (Bereich, wo das Wasser auf den Rumpf trifft und wo sehr schnell Algen wachsen), was wir natürlich auch hätten selbst machen können, aber so hatte Lennox ein bisschen Geld verdient, bekam als Bonus noch eine Dose Bier und alle waren zufrieden. Alle paar Tage kam Elvis mit seiner Frau vorbei und verkaufte selbstgemachte Rotis (Wraps mit Gemüse und Hähnchenfüllung), sein Ziel war, seine Tochter aufs College zu bringen, wie er uns erklärte. Wir haben diese Begegnungen als sehr angenehmes und unaufdringliches Geben und Nehmen empfunden und uns bemüht, den Leuten auf Augenhöhe zu begegnen.

 

 

Das sieht nicht jeder so, wie wir in Gesprächen mit anderen Seglern feststellen mussten. Einige meinen, sie müssen mit den Locals umgehen wie mit Kindern, denen man den Umgang mit Taschengeld erklärt. „Wenn Du schlau bist und Geld sparst, kannst Du Dir bald ein größeres Boot kaufen… du solltest aufhören zu kiffen, das findet Deine Frau bestimmt auch.“ Hier sind unsere europäischen Maßstäbe sowas von fehl am Platz und anmaßend, dass man sie besser für sich behalten sollte.

 

 

 

Am Mittwoch gabs Barbecue am Strand mit einer coolen Raggaeband, Rumpunsch und Marihuanadunst. Da muss man schon aufpassen, dass einem nicht spontan jemand einen Joint in den Mund schiebt (klick hier für ein Video).

 

 

Da unser Starlink (Satellitenantenne) schon seit einer Weile zickt und in Bewegung keine Verbindung mehr aufbaut, haben wir Kontakt zum Hersteller aufgenommen, der uns neue Hardware und eine Gutschrift für eine Monatsgebühr versprach. Das Problem war nur: die Lieferadresse, „Jobber irgendwo in der Karibik“ funktionierte wohl nicht. Der erste Gedanke war St. Martin, denn da gibt es einen Stützpunkt des Transocean-vereins, in dem wir Mitglied sind. Starlink liefert nicht nach St. Martin … also Plan B. Starlink würde nach Guadeloupe liefern, aber da kennen wir niemanden, der seine Postadresse zur Verfügung stellen würde. Wir stellten eine Anfrage in die Chatgruppe Transocean und es fand sich jemand, der jemanden kennt. Wir bekamen den Kontakt zu Sandra, die eine Autovermietung auf Guadeloupe hat. Sandra sagte: „Sure, I can do this for you!“ Wir gaben also Sandras Daten an, mussten noch die Adresse umziehen, da wir bis dahin auf Barbados angemeldet waren und bestellten unser Paket zu ihr … wenn das mal klappt!

 

Da der Wind in den nächsten Tagen aus einer ungewöhnlichen Richtung wehen sollte, beschlossen wir noch ein paar Tage auf Dominica zu bleiben, besuchten am Samstag den Markt und deckten uns mit frischem Obst und Gemüse ein.

 

Sonntag gab`s schon wieder Barbecue und Ostermontag machten wir uns endlich auf den Weg in Richtung Guadeloupe, bzw. Les Saintes, eine kleine Inselgruppe im Süden von Guadeloupe, wo wir vor Terre de Haut an eine Boje gingen. Wir sahen uns um und entdeckten gleich mal zwei Boote, die wir aus Martinique kannten. „Ah, Ihr seid auch hier, kommt doch auf ein Bier rüber.“

 

 

 

 

 

Wohl durch die Feiertage und Ferien in Frankreich war es auf den Les Saintes ziemlich voll. Der kleine Ort Terre de Haut platzte aus allen Nähten, hatte ein bisschen was von Rummelplatz und war uns eigentlich ein bisschen zu wuselig. Das Einklarieren, das auf den franz. Inseln per Laptop an zentralen Stellen abgewickelt wird kann dann schon mal 1,5 Stunden dauern, die man in einer Schlange hängt, um an den einzigen funktionierenden Rechner zu gelangen. Da ist es nervig, wenn man Leute vor sich hat, die mit Crewlisten von 10-15 Leuten kommen, deren Namen, Geburtsdaten, Passnummern … mühsam in Listen eingetragen werden müssen.

 

Nachdem das geschafft war, schauten wir uns noch das Fort Napoleon im Schnelldurchlauf an. Es machte eine knappe Stunde, nachdem wir das Ticket gekauft hatten, mitten am Tag, zu, was man uns aber erst nach dem Kauf sagte. Diese Erfahrung zieht sich konsequent durch die französischen Inseln … Museen haben nur ein paar Stunden am Tag auf … Supermärkte schließen mittags von 13.00 – 15.30 Uhr … Einklarierungsbüros haben nur 2-3 Stunden am Tag auf, und dann ist keiner da, weil man grad Pause macht. Puuuh … das kostet Nerven, selbst wenn man alle Zeit der Welt hat, wie wir.

 

 

 

Wir befanden uns also ein bisschen in der Warteschleife auf unser Paket und machten noch eine kleine Wanderung zu einem sehr schönen Strand, an dem fast nichts los war. Außer uns waren nur ein paar Leute, Hühner und Leguane dort. Nachdem sich das besagte Paket für die nächsten Tage ankündigte, machten wir uns auf den Weg zur Hauptinsel Guadeloupe, wo es angeblich, wie wir von einigen Seglern gehört hatten, immer regnen sollte. Mal sehen, ob das stimmt.

 

 

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