Richtung Nazaré 1.10. -09.10.

Am 1.Oktober beginnt hier die Nachsaison und die Häfen werden günstiger. Die Preise fallen von 40-60 € auf 30-40 € für unser Schiff pro Nacht und morgens und abends wird es schon ein bisschen kühler. Es lief auch schonmal kurz die Heizung zum Aufwärmen.

Von Porto motorten wir nach Aveiro, eigentlich war Wind angesagt, der aber nicht kam. Daher waren wir früher als geplant dort, was auch gut war. Wir waren ganz froh, dass wir gerade noch bei Tageslicht ankamen, denn in Aveiro gibt es nur Ankerplätze und da waren schon einige belegt. Wir fanden noch einen guten Platz neben einem riesigen, verlassenen Trimaran, der schon seit Jahren dort liegt und von Möwen bewohnt wird. Die Nacht war ruhig und morgens ging es früh weiter nach Figueiras da Foz, wieder mal ohne Wind und unter Motor.

Figueira da Foz hat ein ziemlich neues Hafen- und Sanitärgebäude, aber wie schon ein paarmal in Portugal erlebt, vergammelt die ursprünglich hochwertige Ausstattung innerhalb kurzer Zeit komplett…Fliesen sind gesprungen, Bodenabläufe funktionieren nicht, Beschläge rosten, Natursteine verrotten…das tut dem Innenarchitektenherzen weh. Die drei Miele-Profi-Edelstahl-Waschmaschinen waren alle kaputt, super, aber es gab einen Waschsalon in der Stadt.

Neben uns im Hafen lag ein „alter Schwede“, Typ Aussteiger (vielleicht Mitte 70), mit einem ziemlich alten Boot. Er werkelte jeden Tag in der gleichen unglaublich dreckigen Jeans, mit Walfängermütze und Zigarette im Mundwinkel, Bierflasche in der Hand, an seinem Boot. Alles ging in Zeitlupe, aber er wirkte seeehr zufrieden, sehr entspannend, ihm zuzugucken.

Ausserdem gab es in 20 Minuten Fussweg vom Hafen entfernt einen ALDI. Das war ein bisschen wie Weihnachten, nicht, dass es in portugiesischen Supermärkten nichts gibt, und das Angebot war natürlich anders als in Deutschland. Es gab zum Beispiel Kühltheken mit Garnelen und Tintenfisch, die man sich mit einer großen Schaufel selbst abfüllen konnte, aber irgendwie war es toll, ein paar heimische Produkte zu finden. Wir liefen also ein bisschen beseelt und glücklich grinsend durch den ALDI und riefen immer mal wieder „guck mal…wie Zuhause“, schon ein bisschen peinlich, aber es war nicht viel los im Laden. Vollgepackt mit Schätzen ging es also wieder zurück zum Hafen.

In Figueira da Foz gab es auch eine schöne Markthalle mit frischen Fisch, Früchten und Gemüse. Wir kauften uns frisches Thunfischfilet (600 g) und Salat, Tomaten…. Zusammen für 10 € für`s ganze Abendessen. Frisch und sehr lecker.

Im Waschsalon erreicht uns die Nachricht, dass die „Dreamlife“ (Boot von Bekannten aus Stuttgart) südlich von Lissabon von mehreren Orcas angegriffen wurde, trotz Orcaverscheucher. Sie hatte ein zerstörtes Ruder, musste abgeschleppt werden und ist in Sines ausgekrant worden.. Ergebnis: Das Ruder und ein Teil des Autopiloten ist zerstört und muss ersetzt werden. Die Saison ist damit schlagartig für sie vorbei. Das macht uns wirklich Angst und berührt uns nochmal mehr! Mehr zu den Orca Angriffen (wann und wo) findet man jeweils mit Monatsübersicht unter https://www.orcaiberica.org/last-interactions  (geht in den Vollbildmodus und klickt auf die schwarzen Orcas). An dem Tag hatte es dort in kurzer Zeit 5 Boote erwischt. Sieht man gut in der Karte.
Seitdem fuhren wir nochmal dichter an der Küste bei Wassertiefen zwischen 10 und 25 m, wo bisher weniger „Interactions“ stattfanden. Die Portugiesen vermeiden hier noch die Bezeichnung „attacks“.

Von Figueira da Foz ging es Richtung Nazaré. In der Hafenausfahrt erwischte uns ein Angler mit einem Köder und einem Bleigewicht, das sich an einem Want verfing und in Thomas` T-shirt hängen blieb… blinder Passagier. Wir hissten den Parasailor, holten ihn wieder ein, hissten den Parasailor und holten ihn wieder ein… mal gab es Wind, dann schlief er wieder ein. Wir hielten uns nah an der Küste, um den Orcas zu entgehen und erreichten nachmittags wohlbehalten Nazaré.

Nazaré hat einen Riesenstrand und ist bekannt für Surfer und Monsterwellen. Der Ort hatte viele kleine Gassen, ziemlich viele Touristen, Trockenfisch am Strand und sehr coole Surfer. Leider gab es auch sehr viel dicken Nebel, den wir versucht haben, durch einen knallblauen Cocktail zu vertreiben - hat nicht geklappt. Wir fuhren mit der Standseilbahn in den oberen Teil der Stadt, liefen zum Fort auf der Landspitze, von dem aus man, bei den entsprechenden Bedingungen, die Monsterwellen perfekt sehen kann. Es gab eine interessante Ausstellung in dem Fort, die erklärte, woher die besonders großen Wellen kommen. Vor Nazaré gibt es einen gigantischen Unterwassercanyon, der von einer Wassertiefe von ca. 4000 m auf 0 m geht und die Wellen, die durch den Canyon kommen, mit den Antlantikwellen zu den Monsterwellen verstärkt. Deshalb finden hier jedes Jahr Surfmeisterschaften statt und im Oktober 2020 hat ein deutscher Surfer den Guinness-Rekord für die höchste jemals gesurfte Welle (26m) aufgestellt, wirklich beeindruckend. Die Wellen waren an diesem Tag allerdings nicht so hoch und der Nebel löste sich auch nicht auf.

Am nächsten Tag war der Nebel immer noch so dicht, dass uns nicht danach war, weiter zu segeln, also waren wir nochmal am Strand, saßen im Sand und ließen die Brandung auf uns wirken…schon ein besonderer Ort. So langsam haben wir beide das Gefühl, dass die Urlaubsstimmung umschlägt und zu Alltag wird, ein spannender Alltag in dem wir uns sehr wohl fühlen!

Nachts hatten wir um 3.00 Uhr einen Wassereinbruchalarm, das Klo im hinteren Teil des Schiffes lief über (zum Glück mit dem „guten“ Wasser) und es dauerte eine Weile, bis die Ursache gefunden, behoben und alles wieder trockengelegt war… das gehört wohl dazu.

Samstag ging´s dann weiter Richtung Peniche, die erste Stunde bei 3 m Welle ohne Wind durch dichten Nebel mit Radar und einem sehr unguten Gefühl. Dann löste sich der Nebel glücklicherweise nach und nach auf, aber der Autopilot versagte den Dienst. Wir sind wohl langsam im Langfahreralltag angekommen, wo ständig irgendwas repariert werden muss. Wir haben es trotzdem in Schlangenlinien nach Peniche geschafft und lagen dort im Päckchen mit jungen Franzosen mit Motorschaden, willkommen im Club! Zum Glück ließ sich der Autopilot wiederbeleben und so starten wir morgen in Richtung Süden.

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Kommentare: 1
  • #1

    Micha P. (Dienstag, 11 Oktober 2022 15:34)

    Ihr Lieben
    Wieder ein spannender Bericht, der interessante Informationen vermittelt. So hätte ich zB nie gedacht, dass sich Orcas an Segelbooten vergreifen. Ist das ein neueres Phänomen? Heutige Unterwasserschiffe sehen ja schon eher aus wie ein verkehrt treibender großer Fisch im Vergleich zu den alten Langkielern.
    Die Preise für Liegeplätze sind auch ganz schön happig. Die Bilder der von euch angelaufenen Orte machen richtig Lust darauf diese Gegenden auch mal zu besuchen. Wünsche euch weiterhin viel Glück in eurem Dauerurlaub.
    LG Michael